Ratgeber Pflegegrad beantragen

Wer im Alter Pflege benötigt, wird in aller Regel Unterstützung brauchen, um die umfangreichen Kosten dafür tragen zu können. Dank Krankenkasse und Pflegekasse, eventuell noch durch die Leistungen einer Pflegezusatzversicherung, kann man einen guten Teil der Kosten auffangen, doch der Eigenanteil kann dennoch zu einer erheblichen Belastung werden. Deshalb ist es wichtig, seine Möglichkeiten optimal auszuschöpfen und kein Geld zu „verschenken“, welches einem eigentlich zustände. Denn es ist ein Trugschluss zu glauben, dass man automatisch und vollständig die Leistungen für die Pflege erstattet bekommt (vergleiche hierzu auch unser Ratgeber zum Thema „Was kostet Pflege“!).

Der Pflegegrad bestimmt entscheidend den Leistungsumfang

Der Umfang der Pflegeleistungen wird maßgeblich bestimmt durch den Pflegegrad, in den man eingestuft wird. Bei diesem essentiellen Vorgang ist es extrem ratsam, sich umfassend zu informieren, damit man an alles denkt und auch im Bedarfsfall entsprechend handelt, etwa, indem man Widerspruch einlegt bei einer unangemessenen Pflegegradeinstufung. Unser Ratgeber zu den einzelnen Pflegegraden gibt Ihnen hierzu wertvolle Hintergrundinformationen an die Hand. An dieser Stelle hier erläutern wir Ihnen das Vorgehen bei der Beantragung des Pflegegrads.

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Grundsätzliches

Meist ist es ein längerer Prozess, in dem sich eine Pflegebedürftigkeit von Angehörigen abzeichnet. So ist es ratsam, sich zeitig zu informieren, um eventuell Leistungen beantragen zu können, welche schon in einem frühen Stadium der Pflegebedürftigkeit möglich sind. Ein erster niedriger Pflegegrad stellt dabei keine etwaigen Nachteile für später dar. Bei einer zunehmenden Beeinträchtigung des Zustands kann man jederzeit eine Anpassung vornehmen, indem man eine Höherstufung beantragt.

Achtung! Der Leistungsanspruch beginnt ab der erstmaligen Kontaktaufnahme mit der Pflegekasse. Da dieser erste Kontakt einfach und formlos ist, sollte man diesen nicht unnötig hinauszögern.

Ein Pflegebedarf kann sich sowohl auf körperliche Gebrechen, auf geistige Einschränkungen (z.B. beginnende Demenz) oder auch auf psychische Beeinträchtigungen beziehen. Alle drei Kategorien sind zulässige Kriterien, um eine Pflegebedürftigkeit nach §14 Sozialgesetzbuch (SGB) XI zu bestimmen. Pflegebedarf bedeutet, dass die Belastungen und Anforderungen im Alltag nicht selbstständig getragen werden können.


Wer hat überhaupt Ansprüche auf Zahlungen?

Leistungen aus der Pflegekasse kann grundsätzlich jeder beziehen, der mindestens zwei Jahre dort eingezahlt hat innerhalb der letzten zehn Jahre. Als gesetzlich Krankenversicherter ist man automatisch auch Mitglied in der Pflegekasse. Die oben genannten Kriterien der Pflegebedürftigkeit müssen in entsprechender Schwere dauerhaft oder „voraussichtlich für mindestens sechs Monate“ (§ 14 SGB XI) bestehen.


Wie und wo beantrage ich den Pflegegrad?

Erster Schritt, um Leistungen der Pflegekasse zu beziehen, ist immer die Beantragung eines Pflegegrads. Dabei geht es nicht darum, sich vorher einen konkreten Pflegegrad zu überlegen, um diesen dann spezifisch zu beantragen (im Sinne von „ich beantrage Pflegegrad 3 für meinen Vater“). Die Einordnung in einen Pflegegrad nimmt ein Gutachter vor, bei gesetzlich Versicherten der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK), bei der Privatversicherung das Pendant MEDICPROOF.

Achtung! Auch, wenn die Einstufung durch den Gutachter geschieht, bzw. durch die Pflegekasse auf Basis von dessen Empfehlung, sollten Sie selber anhand von einem Pflegegradrechner eine Einstufung vornehmen. Sehr häufig kommt es erst einmal zu Ablehnbescheiden oder auch zu geringeren Einschätzungen als eigentlich angemessen. In diesen Fällen kann ein begründeter Einspruch erfolgreich eine Anpassung erwirken. 

Erster Schritt: Pflegeleistungen mit formlosen Antrag beantragen

Per Telefon oder auch per knappem, formlosem Brief können Sie bei der zuständigen Pflegekasse die Pflegeleistungen beantragen. Fügen Sie kurz umrissen die Gründe für die Pflegebedürftigkeit hinzu, den Namen der pflegebedürftigen Person und die Bitte um eine baldige Begutachtung. Wenige Zeilen reichen hier aus. Daraufhin erhalten Sie auf dem Briefwege ein Standardformular für den konkreten Antrag. Alternativ können Sie auch einen Pflegestützpunkt für den Antrag nutzen. Prüfen Sie dabei unbedingt, ob es sich hier um einen seriösen und neutralen Anbieter handelt! Online können Sie in der Datenbank des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) gelistete Pflegestützpunkte ermitteln.

Zweiter Schritt: Formular ausfüllen, unterschreiben lassen, abschicken

Das Ihnen zugesendete Formular füllen Sie nun aus und lassen es unterschreiben durch den Pflegebedürftigen oder einen Bevollmächtigten. Auch jetzt sollten Sie bei den Einzelheiten noch nicht zu sehr in die Tiefe gehen – dies kann im Zweifelsfall eher Nachteile haben. Fokussieren Sie sich lieber auf eine gute Vorbereitung für den Termin mit dem Gutachter!

Dritter Schritt: Der Besuch des Gutachters

Nach Eingang Ihres Formulars wird der Gutachter von MDK oder MEDICPROOF zeitnah mit Ihnen einen Termin vereinbaren für die Begutachtung des Pflegebedürftigen. Diesen Besuch sollten Sie optimal vorbereiten, denn die Zeitfenster des Besuchs sind in der Regel klein, und die Fokussierung auf wesentliche bzw. relevante Fakten umso wichtiger.

  • Bereiten Sie sich vor auf den Kriterienkatalog des Gutachters. Dieser ist fest vorgegeben und besteht aus sechs Modulen, in denen verschiedene Aspekte mit einer Punktzahl bewertet werden, z.B. zur Mobilität des Pflegebedürftigen, zu den kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten oder auch zur Selbstversorgung.
  • Sammeln Sie schon vorher, etwa in einem Pflegetagebuch, alle pflegerelevanten Leistungen, die Ihr Angehöriger braucht! Dies kann auch die Beaufsichtigung und Anleitung sein, z.B. bei der Hygiene.
  • Haben Sie alle relevanten medizinischen Dokumente (Arztberichte, Bescheinigungen, Schwerbehindertenausweis, Verordnungen von Medikamenten) zur Hand. Sie können davon auch Kopien erstellen für den Gutachter. (Natürlich sind die Gutachter zur Neutralität verpflichtet, aber es sind trotzdem auch Menschen, und hilfreiches Kooperieren ist sicherlich nicht von Nachteil!).

Tipp: Sollte Ihnen der Termin mit dem Gutachter zu kurzfristig sein, um sich optimal vorzubereiten oder auch alle relevanten Dokumente parat zu haben, so können Sie um eine Verschiebung des Termins bitten!

Vierter Schritt: Bescheid trifft ein über den zugewiesenen Pflegegrad

Nach einer Frist von fünf Wochen nach Posteingang des ersten Antrags müssen Sie den Bescheid über die Genehmigung des Pflegegrads erhalten. Bei Verstreichen dieser Frist haben Sie Anspruch auf 70 EUR Entschädigung für jede weitere angefangene Woche Wartezeit. Gleichzeitig gilt aber, dass Sie die Leistungen rückwirkend erhalten, und Ihnen durch die Verzögerung keine finanziellen Nachteile entstehen.

Sollte der festgesetzte Pflegegrad nicht Ihren Erwartungen entsprechen, können Sie Einspruch einlegen! Der erste Einspruch kann formlos eingereicht werden per Einschreiben, ohne direkt detailliert auf die Gründe einzugehen. Hier gilt es, eine Widerspruchsfrist von vier Wochen einzuhalten. Verlangen Sie Einsicht in das Gutachten, um eventuelle Mängel korrigieren zu können. Hier ist die professionelle Hilfe und Beratung empfehlenswert – schließlich geht es um viel Geld, und dies Monat für Monat!

Wenn Sie noch Fragen haben zum Thema „Pflegegrad beantragen“ – wir vom Helianthum Seniorenzentrum sind gerne für Sie da!